Die Diskussion um die Zukunft des Numerus Clausus (NC / EMS) für das Medizinstudium in der Schweiz hat in den letzten Jahren einen entscheidenden Wendepunkt erreicht. Aufgrund des zunehmenden Ärztemangels und einer alternden Bevölkerung wird von der Politik gefordert, das bestehende Auswahlverfahren zu überarbeiten. Ein aktueller Beschluss im Ständerat zeigt, dass weitreichende Reformen im Gespräch sind. Doch wird der Numerus Clausus tatsächlich abgeschafft, oder nur reformiert? In diesem Artikel analysieren wir die neuesten Entwicklungen, deren Bedeutung für angehende Medizinstudenten und die potenziellen Auswirkungen auf das Gesundheitswesen der Schweiz.
Warum wird der Numerus Clausus in Frage gestellt?
Der Numerus Clausus, auch Eignungstest für das Medizinstudium (EMS) genannt, steht seit vielen Jahren in der Kritik. Er konzentriert sich fast ausschließlich auf kognitive Fähigkeiten, wie räumliches Denken, logisches Schlussfolgern und Textverständnis. Kritiker bemängeln, dass wichtige Eigenschaften wie soziale Kompetenzen, Empathie und Belastbarkeit nicht ausreichend berücksichtigt werden – dabei sind diese Fähigkeiten im Arztberuf von zentraler Bedeutung.
Darüber hinaus ist der akute Ärztemangel in der Schweiz eine drängende Herausforderung. Rund 40 Prozent der Ärzt*innen haben ihr Medizinstudium im Ausland abgeschlossen, was die Schweiz von Fachkräften aus dem Ausland abhängig macht. Angesichts des steigenden Bedarfs an Gesundheitsdienstleistungen und der hohen Anzahl an Ärzt*innen, die in den Ruhestand treten, fordert das Parlament eine verstärkte Ausbildung von Ärzt*innen im Inland. Diese Entwicklungen werfen die Frage auf, ob der Numerus Clausus als Selektionsmechanismus weiterhin sinnvoll ist.
Kommentar der EMS Coaches:
Das Problem des Ärztemangels und auch die Abhängigkeit von ausländischen Ärzt*innen ist seit Jahren bekannt. In den letzten Jahrzehnten war es für die Schweiz oft kostengünstiger, Ärzt*innen aus dem Ausland zu rekrutieren, anstatt die eigenen Studienkapazitäten signifikant zu erhöhen. Die hohen Kosten eines Medizinstudiums in der Schweiz führten dazu, dass der Import von Ärzt*innen als pragmatische Lösung betrachtet wurde. Diese Politik steht jedoch immer stärker in der Kritik, da die langfristige Versorgung der Bevölkerung durch inländisch ausgebildete Mediziner gesichert werden soll.
Wir von den EMS Coaches begrüßen den Ausbau der Studienkapazitäten sehr. Wie es genau weitergeht, erfahrt ihr weiter unten in diesem Blog.
Die aktuelle Entwicklung im Ständerat: Was wurde beschlossen?
Am Montag, dem 23. September 2024, verabschiedete der Ständerat eine Motion von Benjamin Roduit (Mitte/VS), die eine grundlegende Überarbeitung des Zulassungsverfahrens zum Medizinstudium fordert. Das Hauptziel der Motion ist es, den Numerus Clausus anzupassen, um in den nächsten Jahren mehr Medizinstudierende im Inland auszubilden. Der Entscheid fiel mit einer deutlichen Mehrheit von 32 zu 9 Stimmen, obwohl sich der Bundesrat und die Mehrheit der Kommission gegen die Motion ausgesprochen hatten.
Hans Wicki (FDP/NW) äußerte deutliche Kritik am bestehenden Zulassungsverfahren, das sich fast ausschließlich auf kognitive Tests stützt. Zwei Drittel der Bewerberinnen und Bewerber für das Medizinstudium scheitern am EMS, obwohl sie möglicherweise andere für den Arztberuf essenzielle Fähigkeiten, wie Empathie, soziale Kompetenzen und Organisationstalent, mitbringen. Wicki und andere Ratsmitglieder betonten die Notwendigkeit, alternative Auswahlmethoden einzuführen, auch wenn diese mit höheren Kosten verbunden sein könnten.
Auch Marianne Maret (Mitte/VS) hob hervor, dass der Import von Ärzt*innen langfristig nicht ausreiche, um die Grundversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Besonders im Bereich der Allgemeinmedizin sei es wichtig, dass mehr Ärzt*innen in der Schweiz ausgebildet werden. Ähnlich äußerte sich Andrea Gmür-Schönenberger (Mitte/LU), die den EMS als „viel zu einseitig“ kritisierte und forderte, dass künftig breitere Auswahlkriterien berücksichtigt werden.
Warum der Bundesrat gegen die Reform war
Bildungsminister Guy Parmelin, der für den Bundesrat sprach, stellte sich gegen die Motion. Er argumentierte, dass die Kantone für die Ausbildung von Medizinstudenten zuständig seien und bereits Schritte zur Verbesserung der Situation unternommen hätten. Parmelin erkannte zwar an, dass es ein dringendes Problem im Gesundheitswesen gebe, warnte jedoch davor, zu hohe Erwartungen an die Abschaffung des EMS zu knüpfen. Auch wenn der EMS wegfalle, bliebe die Anzahl der klinischen Ausbildungsplätze begrenzt, sodass eine einfache Abschaffung der Prüfung nicht automatisch zu mehr Medizinstudenten führen würde. Trotz dieser Einwände wurde die Motion vom Ständerat angenommen.
Was bedeutet das für die Zukunft des Numerus Clausus?
Mit der Annahme der Motion ist ein weiterer Schritt in Richtung einer Reform des Numerus Clausus getan. Doch was genau ändert sich für die Zulassung zum Medizinstudium in der Schweiz? Noch sind keine konkreten Details zu den geplanten Änderungen bekannt, aber verschiedene Szenarien sind denkbar:
- Erweiterung der Auswahlkriterien: Ein zentraler Kritikpunkt am EMS ist seine Einseitigkeit. Zukünftige Auswahlverfahren könnten neben den kognitiven Fähigkeiten auch soziale und kommunikative Kompetenzen wie Empathie, Belastbarkeit und Teamfähigkeit bewerten. In anderen Ländern, wie Österreich oder Deutschland, werden solche Fähigkeiten bereits in Form von Tests wie dem HAM-SJT (Situational Judgement Test) oder dem österreichischen Med-AT (Sozial-Emotionale Kompetenzen (SEK) ) abgefragt. Solche Modelle könnten auch in der Schweiz eingeführt werden, um eine ausgewogenere Auswahl zu ermöglichen.
- Selektion nach dem Studienbeginn: Ein weiteres Modell, das in Ländern wie Frankreich angewendet wird, erlaubt es allen Bewerbern, das Medizinstudium zu beginnen. Nach den ersten ein bis zwei Jahren erfolgt dann eine Selektion anhand der Studienleistungen. Dieses Modell könnte auch in der Schweiz eingeführt werden, um die Zugangshürde zum Medizinstudium zu senken, aber gleichzeitig sicherzustellen, dass nur die leistungsstärksten Studierenden in die klinischen Phasen des Studiums eintreten.
- Leichte Erweiterung der Studienplätze: Ein kurzfristiger Ansatz wird voraussichtlich die schrittweise Erhöhung der Studienplätze sein. Der Bund hat bereits Mittel zur Verfügung gestellt, um die Kapazitäten im Medizinstudium zu erweitern. Bis 2025 soll die Anzahl der Medizinstudienplätze auf 1300 erhöht werden. Angesichts der hohen Bewerberzahlen wird dies jedoch den bestehenden Wettbewerb um Studienplätze kaum verändern.
Wie geht es kurzfristig weiter?
Trotz der klaren politischen Entscheidung zur Reform des Numerus Clausus wird es kurzfristig keine drastischen Änderungen geben. Swissuniversities hat bestätigt, dass der EMS für das Jahr 2025 weiterhin durchgeführt wird. Der Test bleibt notwendig, solange die Nachfrage nach Studienplätzen die verfügbaren Kapazitäten übersteigt. Für alle, die 2025 einen Studienplatz anstreben, bedeutet dies, dass sie sich nach wie vor auf den EMS vorbereiten müssen. Auch eine Änderung des Formates und der Untertests für 2025 zeichnet sich aktuell nicht ab.
Einschätzung der EMS Coaches: Was bedeutet das für angehende Medizinstudenten?
Wir sehen die aktuellen Entwicklungen als wichtigen Schritt, aber noch lange nicht als endgültige Entscheidung über die Zukunft des Numerus Clausus. Die Einführung von Reformen könnte mehrere Jahre dauern, währenddessen bleibt der EMS das zentrale Auswahlverfahren.
Unsere Einschätzung der möglichen Szenarien:
- Kurzfristig bleibt der Numerus Clausus / EMS bestehen, und die Studienplatzkapazitäten könnten leicht erhöht werden. Das bedeutet, dass sich für Studierende, die sich 2025 bewerben, nicht viel ändern wird.
- Neue Auswahlverfahren wie Tests für soziale Kompetenzen könnten in den nächsten Jahren eingeführt werden. Diese könnten den EMS ergänzen oder teilweise ersetzen, um eine ganzheitlichere Auswahl der Bewerber zu ermöglichen.
- Selektion nach Beginn des Studiums könnte ebenfalls ein zukünftiger Ansatz sein, um eine breitere Zulassung zu ermöglichen und die endgültige Selektion erst nach den ersten Studienjahren vorzunehmen.
Fazit: Bereitet euch weiterhin auf den Numerus Clausus vor
Obwohl langfristig Änderungen geplant sind, bleibt der Numerus Clausus / EMS in naher Zukunft bestehen. Wer sich für 2025 und auch für 2026 auf einen Studienplatz bewirbt, sollte sich weiterhin intensiv auf den EMS vorbereiten. Der Test bleibt zunächst das zentrale Auswahlkriterium für das Medizinstudium in der Schweiz.
Wir von den EMS Coaches bieten euch die besten Vorbereitungsmaterialien, Simulationen, Vorbereitungskurse und individuelles Einzelcoaching, um eure Chancen auf einen erfolgreichen Test zu maximieren. Auch wenn sich das System in den kommenden Jahren verändern könnte, bleibt der EMS aktuell der einzige und sicherste Weg, einen Medizinstudienplatz zu bekommen.
Unser Rat: Bereitet euch weiterhin intensiv auf den Numerus Clausus / EMS vor und sichert euch einen Studienplatz, solange das System besteht. Wir unterstützen euch auf eurem Weg zum Medizinstudium, egal wie sich das Auswahlverfahren in Zukunft entwickelt.
Quellen und weiterführende Links:
- Bundesversammlung – Motion zur Reform des Numerus Clausus:
Parlament.ch: Beschluss zur Reform des Numerus Clausus - Aargauer Zeitung – Der Numerus Clausus fällt:
Aargauer Zeitung: Für mehr Ärztinnen und Ärzte aus der Schweiz – Der Numerus Clausus fällt - Swissuniversities – Anmeldung zum Medizinstudium:
Swissuniversities: Anmeldung zum Medizinstudium 2025